Der alternde menschliche Körper steht seit über 15 Jahren im Zentrum meiner Arbeit als Tänzerin, Performerin und Choreografin. Die Infragestellung von Körperidealen bildet hierbei immer wieder ein Kernelement, wenn ich alte Menschen auf die Bühne bringe, auch gemeinsam mit jungen professionellen Tänzer*innen und letztendlich selbst mit 62 Jahren auftrete.

Körpern spiegeln gesellschaftliche Wünsche und Konflikte, sind vergängliche Materie als auch disziplinierte Subjekte, Ort sinnlicher Empfindungen, aber auch von Störung und Tod, eine Landschaft, in der wir Lust erleben, aber auch versucht sind, die erschreckende Vergänglichkeit des Lebens auszulöschen. Dies gilt auch für den Körper in der Tanzkunst.

Es gibt wenige alte präsente professionelle Tänzer*innen und als Konsequenz haben wir kaum kollektive Bilder von tanzenden älteren Körpern. Geschickt in Kostüme versteckt, einer Ästhetik eines jungen, definierten Körpers angelehnt, sehen wir vor allem Arme und Gesichter. Die Realität schwächeren Gewebes, sowie von Haut und Knochen und deren Auswirkungen auf die Bewegung ist meist ausgeblendet.

Mich interessiert die Entdeckung des Potentials und der Schönheit meiner eigenen 63 Jahre alten Muskeln und Haut, z.B. deren Fähigkeit zu vibrieren, was ein junger harter Körper niemals leisten kann. 

Gemeinsam mit  Künstlerinnen aus Foto, Video- und Bildender Kunst probiere ich verschiedene Arten der Beobachtung und Inszenierung aus, die andere Körperbilder auf der Bühne, neben und vor der Leinwand bieten und diverse Auffassungen von Beweglichkeit und Schönheit zulassen.



Lisa Thomas, geb. 1959 arbeitet im zeitgenössischen Tanz als Performerin, Choreografin und Dozentin. Sie ist künstlerische Leiterin des Altentanztheaters Zartbitter und des Festivals VielFalten in Ludwigsburg an der Tanz- und Theaterwerkstatt , Mitglied des Bundesarbeitskreises Seniorentheater des BDAT und Mitgründerin der Initiative Tanzkunst und Alter beim Bundesverband Aktion Tanz. Lisa Thomas verantwortet die Module Tanz, Choreografie für die theaterpädagogische Ausbildung in Baden-Württemberg am TPZ in Reutlingen und arbeitete u.a. als Dozentin im Fachbereich Figurentheater an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Als Choreografin realisiert sie u.a. intergenerative Produktionen mit Profis und Amateuren. Der Focus ihrer eigenen tänzerisch-künstlerischen Arbeit liegt auf live improvisierten Performances und einer feministischen Recherche zur Ästhetik des alternden Körpers im Tanz. Im Produktionszentrum Tanz+Performance Stuttgart initiierte sie 2018 die interdisziplinäre Plattform für Improvisationskunst SAAL FREI und das Freie Ensemble Instant PIG//Stuttgart und ist dort als Tänzerin aktiv. Seit 2020 im Team der künstlerischen Leitung und Geschäftsführung der Instant Act Stuttgart gUG.